Strategische Bündnisse brauchen Eigenständigkeit der Beteiligten
Für die Belebung der Debatte über das Verhältnis von außerparlamentarischer Linker und Linkspartei in den letzten Monaten lassen sich zwei – durchaus positive – Voraussetzungen nennen: Erstens die gemeinsamen Erfahrungen in den großen ungehorsamen Massenaktionen der letzten fünf Jahre, von Heiligendamm 2007 über die Blockaden der Dresdner Naziaufmärsche und Castor Schottern bis hin zu Blockupy Frankfurt. Nicht nur in diesen großen Kampagnen, sondern auch in vielen lokalen und regionalen Mobilisierungen haben Parteilinke und Bewegungslinke zusammengearbeitet, ihre jeweiligen Fähigkeiten und Stärken eingebracht, politische Perspektiven ausgelotet. Viel Vertrauen in die Verbindlichkeit von Absprachen und in die Möglichkeit von Kooperationen ist entstanden. Vorurteile gegenüber BewegungsaktivistInnen, dass sie in Aktionen unverantwortliche Abenteuer anzetteln und mit einem nicht abgesprochenen Konfrontationsniveau die Tragfähigkeit der Bündnisse überlasten würden, wurden abgebaut, und auch die Parteilinke hat gezeigt, dass sie unter staatlichem oder medialem Repressions- und Distanzierungsdruck nicht sofort einknickt, sondern solidarisch zu den gemeinsamen Interventionen steht.
Diese positiven Bündniserfahrungen gepaart mit der Einschätzung, dass die Zumutungen des deutschen und europäischen Krisenregimes die gesamte Linke vor große und neue Herausforderungen stellen, führten dann zweitens in der aktuellen Krise der Partei zu der mitunter überraschenden Selbsterkenntnis vieler Nicht-Parteilinker, dass ihnen die – nun als gefährdet wahrgenommene – Existenz der Linkspartei als parlamentarisch verankerter, medial präsenter und bundesweiter Akteur nicht gleichgültig sein konnte. Zur Wahl der neuen Parteivorsitzenden kursierten bewegungsöffentliche Aufrufe, sowohl für den Vorschlag der weiblichen Doppelspitze Kipping/Schwabedissen als auch für die Kandidatur Bernd Riexingers.