Klaus Dörre im Gespräch über seinen «Kompass für eine Nachhaltigkeitsrevolution»
Nachhaltig kann eine Gesellschaft nur sein, wenn sie den Zwang zu immer neuen Landnahmen bricht, der im kapitalistischen Besitz als Strukturprinzip angelegt ist. Eine Gesellschaft, die dieses expansive Prinzip auf demokratische Weise überwindet, muss eine sozialistische sein, argumentiert Dörre in seinem neuen grundlegenden Buch «Die Utopie des Sozialismus. Kompass für eine Nachhaltigkeitsrevolution».
Um wieder Strahlkraft zu gewinnen, muss der Sozialismus jedoch von seinem dogmatisch erstarrten Anspruch abrücken und nochmals zu einer attraktiven Utopie werden. Inhalt dieser Utopie kann nicht mehr die Befreiung der Produktivkräfte aus den Fesseln hemmender Produktionsverhältnisse sein. Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts, der die eigene Geschichte und sein vielfältiges Scheitern reflektiert und mitdenkt, steht für die Suche nach einer Notbremse, die den mit Hochgeschwindigkeit auf einen Abgrund zurasenden Zug zum Halten bringt.
Im Mittelpunkt von Dörres Gesellschaftsentwurf steht eine grundlegend veränderte Beziehung zwischen Gesellschaft und Natur, die feministische, ökologische und auch indigene Strömungen kapitalismuskritischen Denkens miteinbezieht.
Klaus Dörre, Professor für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie an der Universität Jena, spricht mit Erhard Korn, stellvertr. Vorsitzender der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg, über die zentralen Thesen seines neuen Ansatzes für einen umfassenden Sozialismus des 21. Jahrhunderts.